Update zum Beihilferecht: Neue De-minimis-Verordnungen
1. Hintergrund
Die sogenannten De-minimis-Verordnungen spielen im europäischen Beihilferecht eine wesentliche Rolle für eine rasche und effiziente Abwicklung von beihilferelevanten Maßnahmen. Staatliche Zuwendungen, die die Kriterien des Art 107 Abs 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“) erfüllen, stellen staatliche Beihilfen dar, die nach Art 108 Abs 3 AEUV bei der Kommission anzumelden sind (sogenannte Notifizierung). Nach Art 109 AEUV kann der Rat Gruppen von Beihilfen festlegen, die von dieser Anmeldepflicht ausgenommen sind. Darunter fallen De-minimis-Beihilfen, also Beihilfen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag, die ein und demselben Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum gewährt werden.
2. Neue allgemeine De-minimis-Verordnung (EU) 2023/2831
Nach der schon bisher geltenden allgemeinen De-minimis-Verordnung [Verordnung (EU) 1407/2013] waren geringfügige Beihilfen freigestellt, da davon ausgegangen wird, dass sie keine Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel im Binnenmarkt haben. Seit 1. Jänner 2024 steht eine neue allgemeinen De-minimis-Verordnung (EU) 2023/2831 in Kraft. Die wichtigsten Änderungen dieser neuen Verordnung sind:
- die Anhebung des Höchstbetrags pro Unternehmen über drei Jahre von (dem seit 2008 geltenden Höchstbetrag) 200.000 Euro auf 300.000 Euro;
- die Einführung einer Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, De-minimis-Beihilfen ab dem 1. Januar 2026 in einem auf nationaler oder EU-Ebene eingerichteten zentralen Register zu erfassen, wodurch die Berichtspflichten für Unternehmen verringert werden;
- die Einführung von „Safe Harbours“ für Finanzintermediäre, um Beihilfen in Form von Darlehen und Garantien weiter zu erleichtern.
3. Neue DAWI-De-minimis-Verordnung (EU) 2023/2832
In der bisher geltenden DAWI-De-minimis-Verordnung [Verordnung (EU) 2015/1588] wurde festgelegt, bis zu welcher Höhe ein Ausgleich für Erbringer von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse („DAWI“) als von den EU-Beihilfevorschriften ausgenommen gilt. Seit 1. Jänner 2024 steht eine neue DAWI-De-minimis-Verordnung (EU) 2023/2832in Kraft. Die wichtigsten Änderungen dieser neuen Verordnung sind:
- die Anhebung des Höchstbetrags pro Unternehmen über drei Jahre von (dem seit 2012 geltenden Höchstbetrag) 500.000 Euro auf 750.000 Euro;
- die Einführung einer Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, De-minimis-Beihilfen ab dem 1. Januar 2026 in einem auf nationaler oder EU-Ebene eingerichteten zentralen Register zu erfassen, wodurch die Berichtspflichten für Unternehmen verringert werden.
Dr. Arnold Autengruber ist Rechtsanwalt und Partner bei CHG Czernich Rechtsanwälte Innsbruck.