Die Gewinnausschüttung aus der GmbH im Lichte staatlicher Unterstützungsmaßnahmen
Von RA Dr. Daniel Tamerl und RAA MMag. Dr. Frederick Pfeifer
Sie finden den Text auch als PDF am Ende des Beitrags.
Die COVID-19-Pandemie und die dagegen ergriffenen Maßnahmen des Gesetzgebers bringen viele Unternehmen in wirtschaftliche Turbulenzen. Zahlreiche Unternehmen sind mit erheblichen Umsatzausfällen konfrontiert. Auch wenn diese Umsatzeinbrüche erst im Jahr 2020 eingetreten sind, können sie zu Ausschüttungsbeschränkungen bzw. -sperren für das vergangene (Regel-)Geschäftsjahr 2019 führen.
Beschränkungen der Gewinnausschüttung können auf allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen beruhen. Sie können sich aber auch daraus ergeben, dass das Unternehmen staatliche Unterstützungsmaßnahmen nach dem Corona-Hilfsfonds in Anspruch nimmt. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über den geltenden Rechtsrahmen geben:
Ausschüttungssperre gemäß § 82 Abs 5 GmbHG?
Unabhängig von der Inanspruchnahme staatlicher Unterstützungsleistungen in Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie ist bei der Gewinnausschüttung in der GmbH die Ausschüttungssperre gemäß § 82 Abs 5 GmbHG zu beachten. Da diese Bestimmung nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (auch) den Gläubigerschutz bezweckt, ist diese zwingend und kann nicht durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden.
- § 82 Abs 5 GmbHG sieht vor, dass ein sich aus der Bilanz ergebender Gewinn unter gewissen Umständen von der Verteilung ausgeschlossen ist. Dies ist dann der Fall, wenn den Geschäftsführern oder dem Aufsichtsrat in der Zeit zwischen dem Schluss des Geschäftsjahres – also dem Stichtag des Jahresabschlusses – und der Beschlussfassung der Gesellschafter über den Jahresabschluss (die Feststellung des Jahresabschlusses, die idR mit der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung einher geht) bekannt wird, dass der Vermögensstand der Gesellschaft durch eingetretene Verluste oder Wertminderungen erheblich und voraussichtlich nicht bloß vorübergehend geschmälert worden ist. In diesem Fall ist der Bilanzgewinn in einem der erlittenen Schmälerung des Vermögens entsprechendem Betrag von der Verteilung ausgeschlossen und auf neue Rechnung vorzutragen.
Der erhebliche Verlust bzw. die Wertminderung sowie die voraussichtlich nicht bloß vorübergehende Schmälerung des Vermögensstandes sind stets im Einzelfall zu prüfen. Die Erheblichkeit wird gewöhnlich dann angenommen, wenn das Gesellschaftsvermögen unter Berücksichtigung offener Rücklagen und stiller Reserven nicht mehr die Hälfe des Stammkapitals deckt. Eine voraussichtlich nicht bloß vorübergehende Schmälerung soll etwa dann vorliegen, wenn ungeplante negative Planabweichungen im ersten Quartal vorliegen und sich bis Jahresende keine Besserung abzeichnet.
Die Geschäftsführer und – sofern vorhanden – der Aufsichtsrat haben vor einer Feststellung des Jahresabschlusses auf derartige Verluste/Wertminderungen aufmerksam zu machen. Sollten die Gesellschafter dennoch für eine Gewinnausschüttung stimmen, ist dies nach Ansicht des OGH als treuwidriges Verhalten zu qualifizieren. In einem solchen Fall haben die Geschäftsführer auch das Recht, die Ausschüttung zu verweigern.
Ausschüttungssperre infolge der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht?
Sofern der Jahresabschluss bereits festgestellt wurde und die Beschlussfassung über die Gewinnverwendung erfolgt ist, sind nachträgliche erhebliche und nicht bloß vorübergehende Verluste grundsätzlich nicht von der Bestimmung des § 82 Abs 5 GmbHG umfasst. Insofern bleibt der Anspruch eines Gesellschafters auf Gewinnauszahlung bestehen.
Eine Ausnahme kann sich im Einzelfall dann ergeben, wenn für einen Gesellschafter eine Pflicht zur Selbstbeschränkung angesichts der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zu bejahen ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Interessen der Gesellschaft an der Thesaurierung die Interessen des Gesellschafters an der Ausschüttung massiv überwiegen; also etwa dann, wenn die Bildung einer Rücklage für das weitere wirtschaftliche Überleben der Gesellschaft unabdingbar ist.
Hindert die Inanspruchnahme der Corona-Kurzarbeit Ausschüttungen?
Aktuelle Rechtsgrundlagen für die Corona-Kurzarbeit sind die Bundesrichtlinie Kurzarbeitsbeihilfe idF BGS/AMF/0702/9961/2020 sowie die Sozialpartnervereinbarung (Einzelvereinbarung) idF 23.9.2020.
Hierbei sind keine Beschränkungen der Gewinnausschüttung vorgesehen: Sofern als staatliche Fördermaßnahme also lediglich isoliert die Corona-Kurzarbeit in Anspruch genommen wird, ergeben sich keine Beschränkungen von Gewinnausschüttungen für GmbHs.
Maßnahmen des Corona-Hilfs-Fonds
Der Corona-Hilfs-Fonds soll durch die Bereitstellung finanzieller Mittel österreichische Unternehmen unterstützen, die sich infolge der COVID-19 Pandemie mit Liquiditätsengpässen konfrontiert sehen. Diesbezüglich sind sowohl ein Fixkostenzuschuss als auch Überbrückungsgarantien vorgesehen.
Einschlägig sind das ABBAG-Gesetz sowie darauf beruhende Richtlinien des BMF, die die Förderrichtlinien für die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH („COFAG“) festlegen.
Gewinnausschüttung und die Inanspruchnahme des Fixkostenzuschusses
Eine allgemeine Voraussetzung für die Gewährung des Fixkostenzuschusses sowohl in Phase I als auch in Phase II ist es, dass das förderwerbende Unternehmen zumutbare Maßnahmen gesetzt hat, um die durch den Fixkostenzuschuss zu deckenden Fixkosten zu reduzieren (Schadensminderungspflicht mittels ex ante Betrachtung).
Zu den Verpflichtungen eines Antragstellers gehört im Konkreten uA, „die Entnahmen des Inhabers des Unternehmens bzw die Gewinnausschüttung an Eigentümer für den Zeitraum der finanziellen Maßnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst zu gestalten“.
Wie Punkt 6.2.2. der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II Nr. 225/2020, konkretisierend festhält, sind daher im Zeitraum vom 16. März 2020 bis zum 16. März 2021 für geförderte Unternehmen folgende Handlungen untersagt:
- die Auflösung von Rücklagen zur Erhöhung des Bilanzgewinns;
- die Ausschüttung von Dividenden oder sonstige rechtlich nicht zwingende Gewinnausschüttungen;
- der Rückkauf eigener Aktien.
Weiters hat danach bis zum 31. Dezember 2021 eine „maßvolle“ Dividenden- und Gewinnauszahlungspolitik zu erfolgen.
Gewinnausschüttung und die Inanspruchnahme von Überbrückungsgarantien
Auch für Unternehmen, die Überbrückungsgarantien aus dem Corona-Hilfs-Fonds in Anspruch nehmen, gelten Beschränkungen hinsichtlich der Gewinnausschüttung.
Einschlägig ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Ergreifung von finanziellen Maßnahmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind (BGBl II Nr. 143/2020). Diese Richtlinie regelt die Rahmenbedingungen für die Gewährung von Garantien durch die COFAG, die bei den Förderstellen (AWS, ÖBK und ÖHT) beantragt und über die Hausbank vergeben werden.
Nach Punkt 12.1.6. der VO haben sich Unternehmen, die die Garantien der COFAG in Anspruch nehmen, zu verpflichten, die Entnahmen des Inhabers des Unternehmens bzw. die Gewinnausschüttung an Eigentümer für den Zeitraum der finanziellen Maßnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst zu gestalten (Dividenden- und Gewinnauszahlungsverbot vom 16.3.2020 bis zum 16.3.2021) sowie anschließend eine maßvolle Dividenden- und Gewinnausschüttungspolitik für die restliche Laufzeit zu üben.
Weiters dürfen keine Rücklagen zur Erhöhung des Bilanzgewinns aufgelöst werden und es darf die aus der finanziellen Maßnahme erhaltene Liquidität nicht zur Zahlung von Gewinnausschüttungen, zum Rückkauf eigener Aktien und zur Zahlung von Boni an Vorstände oder Geschäftsführer verwendet werden.
Rechtsfolgen bei verbotenen Gewinnausschüttungen
Die konkreten Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Förderrichtlinien sind mannigfaltig; das Verhältnis untereinander noch nicht restlich geklärt. Fest steht, dass sich Unternehmen mit Antragstellung auch vertraglich zur Einhaltung der Förderrichtlinien verpflichten, und es so zu Schadenersatzansprüchen der COFAG gegenüber dem antragstellenden Unternehmen kommen kann. Weiters sind bei der Inanspruchnahme von Überbrückungsgarantieren die AGB der COFAG einschlägig, wodurch es beispielsweise zu einem Entfall der Garantiezusage kommen kann.
Punkt 8 der RL BGBl II Nr. 225 sieht uA ein Rückforderungsrecht der COFAG sowie eine im Einzelfall zu vereinbarende Vertragsstrafe – abhängig von der Förderhöhe – vor. Weiterhin zieht ein Förderungsmissbrauch auch eine strafrechtliche Verantwortung nach sich.
Es ist daher jedenfalls Vorischt geboten. Die Möglichkeiten und allfällige Restriktionen einer Gewinnausschüttung sollten im Vorfeld eingehend geprüft werden.
Disclaimer
Diese Ausführungen sollen Ihnen lediglich einen Überblick über die Gewinnausschüttung aus der GmbH in Zeiten der Corona-Krise geben, können die Beratung im Einzelfall allerdings nicht ersetzen. Gerne stehen Ihnen unsere Experten für Fragen rund um staatliche Unterstützungsmaßnahmen sowie gesellschaftsrechtliche Fragestellungen zur Verfügung.
Dr. Daniel Tamerl ist Rechtsanwalt, MMag. Dr. Frederick Pfeifer Rechtsanwaltsanwärter bei CHG Czernich Rechtsanwälte.