Unternehmenswert-Anteile: Die neue Beteiligungsform bei der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo)

Unternehmenswert-Anteile: Die neue Beteiligungsform bei der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo)

von RA Mag. Stefan Gutbrunner

Am 01.01.2024 ist das Bundesgesetz über die Flexible Kapitalgesellschaft (Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz – FlexKapGG) in Kraft getreten. Neben der Einführung einer neuen Kapitalgesellschaftsform, der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo oder FlexKapG), und der Absenkung des GmbH-Mindeststammkapitals auf € 10.000,00 ist die Möglichkeit der Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen die wesentlichste Neuerung des Gesetzes. In unseren bisherigen Beiträgen zur Flexiblen Kapitalgesellschaft haben wir die wichtigsten Informationen zur Gründung einer Flexiblen Kapitalgesellschaft und zur Umwandlung einer bestehenden GmbH in eine FlexCo zusammengefasst. Im vorliegenden Beitrag betrachten wir die Unternehmenswert-Anteile, mit denen Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen am Unternehmenserfolg beteiligen können.

 

Was sind Unternehmenswert-Anteile bei der Flexiblen Kapitalgesellschaft?

Mit dem Einsatz ihrer Arbeitskraft und ihres Know-hows leisten Arbeitnehmerinnen einen wichtigen Beitrag zum Erfolg eines Unternehmens. Besonders Start-ups haben daher Interesse daran, Schlüsselarbeitskräfte langfristig an das Unternehmen zu binden. Dabei besteht die Möglichkeit, das Schlüsselpersonal entweder direkt am Unternehmen oder beispielsweise virtuell durch Phantom Shares am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben zu lassen. Mit dem FlexKapGG wurde nun aber eine neue Anteilsklasse für Flexible Kapitalgesellschaften eingeführt. Zusätzlich zu den aus dem GmbH-Recht bekannten Geschäftsanteilen kann die FlexCo Unternehmenswert-Anteile begeben, die sich von den herkömmlichen Geschäftsanteilen unterscheiden. Wenngleich die Unternehmenswert-Anteile typischerweise für Beteiligungsprogramme von Mitarbeiterinnen zur Anwendung kommen werden, sind sie nicht auf diesen Personenkreis beschränkt.

Die wichtigsten Bestimmungen zu Unternehmenswert-Anteilen finden sich in den §§ 9 bis 11 FlexKapGG. Demnach ist für die Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen bereits eine entsprechende Grundlage im Gesellschaftsvertrag erforderlich. Darüber hinaus dürfen Unternehmenswert-Anteile nur in einem Ausmaß von weniger als 25% des Stammkapitals bestehen, wobei der geringste Nennbetrag bei 1 Cent liegt. Die Stammeinlage ist bei der Ausgabe sofort in voller Höhe zu leisten.

Wie Geschäftsanteile stellen Unternehmenswert-Anteile eine echte Beteiligung an der FlexCo dar. Daraus folgt, dass die Unternehmenswert-Anteile Teil des im Firmenbuch einzutragenden Stammkapitals der Flexiblen Kapitalgesellschaft sind. Die Rechte aus Unternehmenswert-Anteilen sind allerdings im Vergleich zu Geschäftsanteilen eingeschränkt. Laut den Gesetzesmaterialen soll dadurch das reduzierte wirtschaftliche Risiko der Unternehmenswert-Beteiligten kompensiert werden.

 

Wie unterscheiden sich Unternehmenswert-Anteile von den Geschäftsanteilen?

Unternehmenswert-Beteiligte haben Anspruch auf ihren Anteil am Bilanzgewinn und am Liquidationserlös nach dem Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen. Von der Willensbildung in der Gesellschaft sind Unternehmenswert-Beteiligte indes ausgeschlossen, weil sie über kein Stimmrecht verfügen. Die Stellung der Unternehmenswert-Beteiligten ist somit jener von stimmrechtslosen Vorzugsaktionärinnen nach dem Aktiengesetz angenähert.

Damit Unternehmenswert-Beteiligte über die Vorgänge in der Gesellschaft aber zumindest umfassend informiert sind, haben sie ein Recht zur Teilnahme an Generalversammlungen und zur Verständigung von schriftlichen Abstimmungen. Mit dem Teilnahmerecht ist ein umfassendes Auskunfts- und Fragerecht verbunden. Des Weiteren haben Unternehmenswert-Beteiligte ein Recht auf Information über und Einsicht in den Jahresabschluss sowie die Bücher und Schriften der Gesellschaft. Ein umfassender Informationsanspruch, wie der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung für GmbH-Gesellschafterinnen bejaht, besteht jedoch nicht.

Anders als Inhaberinnen von Geschäftsanteilen haften Unternehmenswert-Beteiligte nicht für bei anderen Gesellschafterinnen uneinbringliche Stammeinlagen oder zurückgewährte Einlagen. Unternehmenswert-Beteiligten kommt bei der Erhöhung des Stammkapitals auch kein Bezugsrecht zu. Ein solches Recht kann ihnen aber im Gesellschaftsvertrag eingeräumt werden.

 

Vereinfachte Übertragung und Mitverkaufsrecht der Unternehmenswert-Anteile

Im GmbHG ist für die Übertragung eines Geschäftsanteils die Form eines Notariatsakts vorgeschrieben. Die Formerfordernisse sind bei der Flexiblen Kapitalgesellschaft deutlich herabgesetzt. In der FlexCo können normale Geschäftsanteile durch eine notarielle oder anwaltliche Privaturkunde übertragen werden. Für die Übernahme eines Unternehmenswert-Anteils (z.B. im Zuge einer Kapitalerhöhung) oder für die Übertragung eines solchen reicht sogar die einfache Schriftform, die auch bei Verwendung von qualifizierten elektronischen Signaturen erfüllt ist.

Der zentrale wirtschaftliche Wert eines Unternehmenswert-Anteils liegt in der Beteiligung am Substanzwert des Unternehmens, der entweder durch eine Veräußerung oder durch einen entsprechenden Anteil am Liquidationserlös in Geld umgewandelt werden kann. Unternehmenswert-Beteiligte sollen daher an einem erfolgreichen Exit partizipieren, weshalb ihnen ein gesetzliches Mitverkaufsrecht zukommt (Tag-Along-Right). Dieses Mitverkaufsrecht muss im Gesellschaftsvertrag verankert werden. Es wird ausgelöst, wenn die Gründungsgesellschafterinnen ihre Geschäftsanteile mehrheitlich veräußern wollen (Exit Event). Wenn ein beabsichtigter Verkauf das Mitverkaufsrecht auslöst, sind die Unternehmenswert-Beteiligten berechtigt, ihre Anteile pro rata zu den gleichen Konditionen zu veräußern.

Begünstigte Besteuerung der Unternehmenswert-Anteile bei der FlexCo

Bisher führte eine unentgeltliche oder vergünstigte Abgabe von Geschäftsanteilen unter ihrem Verkehrswert schon im Zeitpunkt der Gewährung des Geschäftsanteils zu einem steuerpflichtigen Einkommen. Die Beteiligten gerieten somit in die Lage, Einkommensteuer entrichten zu müssen, ohne dass ihnen Liquidität zugeflossen wäre. Man spricht deshalb vom sogenannten Dry Income. Im Rahmen der neuen Mitarbeiterbeteiligung kommt es hingegen erst im Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile zur Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung. Das neue Besteuerungsregime kommt vor allem, aber nicht ausschließlich, bei einem Exit zur Anwendung.

Darüber hinaus gilt in bestimmten Fällen ein besonderer reduzierter Steuersatz für den Vermögensvorteil aus der Veräußerung von Unternehmenswert-Anteilen. Die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung ist der Veräußerungserlös der Anteile. Voraussetzung für die begünstigte Besteuerung ist, dass das Dienstverhältnis zumindest drei Jahre gedauert hat und eine Behaltedauer der Anteile von zumindest fünf Jahren erfüllt ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der geldwerte Vorteil zu 75% mit einem festen Steuersatz in Höhe von 27,5% und zu 25% mit dem regulären Einkommensteuersatz zu besteuern.

 

Disclaimer

Diese Ausführungen dienen als allgemeine Informationen zu Flexiblen Kapitalgesellschaften (FlexCo) und Unternehmenswert-Anteilen. Der Beitrag kann die Beratung im Einzelfall aber nicht ersetzen. Für Ihre Fragen rund um dieses Thema stehen wir gern zur Verfügung.

Stefan Gutbrunner ist Rechtsanwalt bei CHG Czernich Rechtsanwälte Wien.

Mag. Stefan Gutbrunner