Arbeitsrecht und COVID-Impfung
Darf der Arbeitgeber Angestellte zu einer Covid-Impfung zwingen? Darf er nicht geimpfte Arbeitnehmer kündigen? CHG-Rechtsanwältin Marlene Wachter hat diese und weitere Fragen im Gespräch mit den Bezirksblättern beantwortet.
Darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer oder Bewerber nach dem Impfstatus fragen?
Der Impfstatus der Arbeitnehmer hat für die betriebliche Organisation durchaus erhebliche praktische Auswirkungen, etwa wenn es um den Kontakt zwischen Kollegen und zu Kunden oder Dienstreisen geht. Das Interesse des Arbeitgebers, den Impfstatus zu kennen und davon abhängig entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, hängt dabei vor allem auch von der Tätigkeit des Arbeitnehmers ab. So hat etwa ein Lkw-Fahrer üblicherweise nur wenige persönliche Kontakte, ein Arbeitnehmer im Gesundheitsbereich im Normalfall viele enge persönliche Kontakte, vor allem auch mit Risikogruppen. Ob Auskunft über den Impfstatus verlangt werden kann, muss letztlich aufgrund einer Interessensabwägung beurteilt werden. Im Regelfall wird das Interesse des Arbeitgebers auf Kenntnis des Impfstatus aufgrund seiner Fürsorgepflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern und Kunden überwiegen, sodass die Frage nach dem Impfstatus zulässig ist. Daraus ergibt sich auch, dass Arbeitnehmer und Bewerber die Frage nach dem Impfstatus wahrheitsgemäß beantworten müssen. Falschangaben können zu einer Entlassung führen.
Darf der Arbeitgeber die COVID-19-Schutzimpfung als Voraussetzung für die Einstellung festlegen?
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich frei bei der Entscheidung, wen er einstellt. Er darf daher auch festlegen, dass er nur geimpfte Bewerber berücksichtigt.
Kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zur COVID-19-Impfung zwingen?
Nein, der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer mangels einer gesetzlichen Regelung nicht zur Impfung verpflichten.
Darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer kündigen, weil er sich nicht impfen lässt?
Diese Frage wird von Rechtsexperten unterschiedlich beantwortet. Nicht besonders geschützte Arbeitnehmer können ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Der Arbeitnehmer kann aber durch das Gericht überprüfen
lassen, ob die Kündigung im konkreten Fall zulässig war oder aber ein sog. Verpöntes Kündigungsmotiv oder Sittenwidrigkeit vorliegt. Wenn ein Arbeitnehmer gekündigt wird, weil er sich nicht impfen lässt, dann liegt aus meiner Sicht weder Sittenwidrigkeit noch ein verpöntes Motiv vor, sofern nicht medizinische oder sonstige ganz gewichtige Gründe vorliegen und ein entsprechendes Impfangebot besteht. Eine Kündigung wegen Impfverweigerung ist demnach im Allgemeinen zulässig. Besprechen Sie Ihre rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der COVID-19-Schutzimpfung und anderen betrieblichen Schutzmaßnahmen mit Ihrem Rechtsanwalt.
Dr. Marlene Wachter ist Partnerin bei CHG Czernich Rechtsanwälte.
Hier finden Sie den Text des Berichts in der Bezirksblätter vom 27.09.2021: